Ein Tag auf der Wasserkuppe

Endlich machte ich mich mal wieder auf den Weg zur Wasserkuppe, dem höchsten Berg Hessens. 950 Meter misst er, doch was zählt, ist nicht die Zahl, sondern das Gefühl, das einen dort oben erwartet: Unendliche Freiheit. Und eine gewisse Leichtigkeit, als würde die Schwerkraft hier oben nicht mehr ganz so ernst genommen.

Sanfter Start durch Wiesen und Wälder

Ich starte am späten Vormittag bei mildem Sommerwetter. Schon der erste Abschnitt führt durch sattgrüne Wiesen, auf denen die Heuschrecken zirpen und Schmetterlinge tänzeln. Die Luft ist klar, ein leichter Wind streicht über die Hügel. Es riecht nach Gras, Erde und Sonne. Der Weg steigt gemächlich an, zunächst durch kleine Waldstücke, dann wieder über offene Flächen. Immer wieder öffnet sich der Blick auf die typischen Rhönkuppen – sanfte Hügel, die sich wie Wellen durch die Landschaft ziehen.

Ich begegne kaum jemandem. Nur vereinzelt treffe ich auf andere Wanderer oder Radfahrer. Es ist diese stille Schönheit, die die Rhön für mich so besonders macht. Keine Dramatik, kein Spektakel. Einfach Natur, die wirkt.

Flugträume und Fernsicht auf dem Gipfel

Nach gut zwei Stunden erreiche ich die Kuppe. Plötzlich bin ich in einer anderen Welt. Segelflieger gleiten lautlos durch die Luft, starten und landen wie von Geisterhand gelenkt. Kein Wunder, die Wasserkuppe gilt als Wiege des Segelflugs. Wer mag, kann im nahegelegenen Museum mehr darüber erfahren, doch mich zieht es hinaus, in den Wind und zu den Aussichtspunkten.

Der Blick vom Gipfel ist atemberaubend. In alle Richtungen öffnet sich das Panorama: nach Westen ins Fuldaer Land, nach Osten über die hessische und bayerische Rhön bis zum Thüringer Wald. Die Welt scheint weiter, größer – und gleichzeitig ist sie plötzlich ganz nah. Ich setze mich auf einen der Holzstämme am Rand der Kuppe, lasse den Blick schweifen, schalte ab. Es ist ein Moment, in dem die Zeit stehen bleibt.

Einkehr und Rhöner Herzlichkeit

Unweit des Gipfels laden mehrere Gaststätten zur Rast ein. Ich gönne mir eine regionale Spezialität – frisch, einfach und mit einem Lächeln serviert. Draußen sitzen Wanderer und Familien, genießen den Sommer. Es ist trubelig, aber nicht überlaufen. Wer mag, kann von hier noch weiterwandern: zum Pferdskopf oder auf dem Hochrhöner, einem der schönsten Fernwanderwege Deutschlands. Für mich aber ist heute die Wasserkuppe Ziel und Belohnung zugleich.

Zufriedenheit am Ende des Tages

Der Rückweg verläuft auf einer anderen Route, sanft absteigend über weite Wiesen. Das Licht des Nachmittags liegt warm auf der Landschaft, die Gräser rauschen leise im Wind. Ich gehe langsamer, genieße den Moment, nehme mir Zeit. In der Ferne surrt noch ein letzter Flieger über den Himmel, als wolle er mich verabschieden.

Am Ende der Tour bin ich müde, aber zufrieden. Diese Wanderung war keine Herausforderung im sportlichen Sinn und doch hat sie mich tief berührt. Die Wasserkuppe ist mehr als ein Berg. Sie ist ein Ort zum Durchatmen, zum Innehalten, zum Staunen. Ich liebe die Rhön.