Der Kalmit als höchster Gipfel der Pfalz
Es gibt Berge, die mit ihrem Namen eine ganze Region prägen. Der Kalmit ist so ein markantes Ziel und mit 673 Metern der höchste Berg des Biosphärenreservats Pfälzerwald. Schon der Name klingt nach kalter Luft und trotzdem zieht es mich ausgerechnet im Oktober hierher, wenn der Herbst die Reben der Deutschen Weinstraße vergoldet. Vom Weinort Maikammer aus steige ich fast 500 Höhenmeter empor, denn der kürzeste Pfad führt steil hinauf.
Zwischen Fachwerk und Kastanien
Der Anstieg beginnt am Rande der Weinberge. Bald lasse ich die letzten Fachwerkhäuser hinter mir und tauche ein in einen Kastanienwald. Die Pfalz ist im Herbst berühmt für ihre Esskastanien. Zwischen moosbewachsenen Stufen und einer alten, löchrigen Brücke steige ich anfangs über klaffende Brettlücken und erlebe so ein erstes Abenteuer. Die Markierungen führen mich durch ein enges Bachtal. Nach einem kleinen Weiher zieht der Weg immer weiter bergauf durch den Wald aus Edelkastanien. Neben mir murmelt ein Bach, dessen Wasser früher ein Wasserwerk mit Zinnenturm speiste.
Ich genieße den Duft von feuchtem Laub und Pilzen, während der Weg sich den Hang hinaufschlängelt und am Wegesrand immer wieder Felsen und verwitterte Bänke auftauchen. In einiger Entfernung sehe ich die Hänge des Hambacher Schlosses, das von den Rebbergen eingerahmt wird. Der Blick erinnert daran, dass die Kalmit Teil einer Kulturlandschaft ist: unten im Tal gedeihen Riesling und Spätburgunder, oben wartet der raue Wald.
Durch den Herbstwald zum Kalmithaus
Mit jedem Höhenmeter wird der Weg steiler. Ich atme den kühlen Wind ein, der mir entgegenbläst. Im Wald fällt das Licht golden durch die Kronen und sorgt für tolle Lichtspiele. Unterwegs teile ich den Weg mit ein paar Mountainbikern, die in atemberaubender Geschwindigkeit hinabsausen. Auf einem Felsen mit einer Rastbank halte ich kurz inne und blicke hinüber zum Taubenkopf, einem Nachbargipfel. Die Fernsicht reicht bis zum Schwarzwald und Odenwald.
Kurz vor dem Gipfel quere ich die Kalmitstraße und erreiche ein Ehrenmal, das an die Opfer beider Weltkriege erinnert. Das letzte Stück führt über Treppen direkt zum Kalmithaus, einer bewirtschafteten Hütte des Pfälzerwald-Vereins. Das ursprüngliche Kalmithaus existiert bereits seit 1907, die heutige Hütte wurde 1983 eröffnet und serviert regionale Spezialitäten. Der Freisitz vor der Hütte eröffnet einen herrlichen Blick über den Oberrheingraben und die Rheinebene.
Höhe, Geschichte und Panorama
Oben auf dem Gipfel erinnert ein Fernmeldeturm daran, dass der Kalmit schon seit der Römerzeit als Signalstation genutzt wurde. Heute befindet sich neben dem Turm eine Wetterstation und das Plateau ist gut besucht. Es ist faszinierend zu wissen, dass ich auf der höchsten Erhebung des Pfälzerwalds stehe und nur der Donnersberg in der Pfalz höher ist.
Ich setze mich auf eine Bank und bestaune das Panorama. Die Rheinebene liegt wie ein Teppich vor mir, aus der einzelne Kirchtürme und Weinbergszeilen herausragen. Das goldene Herbstlicht bringt die Weinberge zum Leuchten. Ein Schild erklärt, dass der Aufstieg von Maikammer etwa 7 Kilometer lang ist und 466 Höhenmeter überwindet. Für mich waren es knapp zwei Stunden bis zum Gipfel.
Der Rückweg über das Wolseltal
Nach einer Stärkung im Kalmithaus und einem heißen Pfälzer Kaffee schlage ich den Weg zum Felsenmeer ein, das eine kleine Attraktion ist: ein Meer aus verwitterten Sandsteinblöcken, über die man balancieren muss. In den Spalten wächst Moos und einzelne Bäume haben sich mit ihren Wurzeln an die Steine geklammert. Eine besondere Herausforderung ist es im Oktober, wenn sich der Nebel in den Spalten hält und die Steine glitschig sind.
Der Weg führt anschließend ins Wolseltal und zwischen Holzstegen überquere ich mehrfach einen kleinen Bach. Der Pfad ist bei Nässe rutschig, doch die urwüchsige Szenerie mit sprudelnden Quellen belohnt jede Anstrengung. An der Wolselquelle lädt ein Rastplatz dazu ein, die Stille zu genießen. In solchen Momenten ist der Pfälzerwald ein Ort des Innehaltens und ich kann über die wichtigen Fragen des Lebens nachdenken.
Der Rückweg führt über den Keschdeweg und durch ein Tal mit vielen Kastanienbäumen. An einem schmalen Pfad erreiche ich die Lourdes‑Grotte, ein Ort für eine weitere Pause, bevor der Abstieg beginnt. Ich überquere erneut den Bach und steige hinunter zur historischen Kropsburg. Die Ruine gehörte im Mittelalter den Herren von Dalberg und bietet heute eine Burgschänke, wo man einkehren kann. Über den Weinsteig wandere ich zurück zum Weinort St. Martin, vorbei an Rebhängen, in denen Winzer die letzten Trauben ernten.
Ein Herbstabenteuer voller Weitblick
Meine Oktobertour auf den Kalmit war ein Fest für die Sinne. Der herbstliche Pfälzerwald duftete nach Pilzen und feuchter Erde, die Kastanien lagen knisternd auf dem Weg und über allem lag das goldene Licht des Spätherbstes. Oben erwartete mich eine Aussicht, die weit über die Rheinebene hinaus reicht.
Der Abstecher ins Felsenmeer und der idyllische Rückweg durchs Wolseltal machten den Tag komplett. Der Kalmit ist ein Berg, der Geschichte und Natur wunderbar vereint: römische Signalstation, später Fernmeldeturm und heute ein beliebtes Wanderziel. Wer den Pfälzerwald im Herbst erleben möchte, findet hier einen perfekten Ort.