Der Edelsberg ist ein Wandertraum

Ein warmer Morgen im September und ich stehe an der Talstation der Alpspitzbahn in Nesselwang. Die ersten Sonnenstrahlen kämpfen sich über die Allgäuer Berggipfel, während ich meinen Rucksack schultere und den Blick nach oben richte. Mein heutiges Ziel ist der Edelsberg, ein 1.630 Meter hoher Gipfel im Ostallgäu, der für seine grandiosen Ausblicke bekannt ist.

Statt die bequeme Gondel zu nehmen, entscheide ich mich für den Aufstieg aus eigener Kraft, schließlich gilt der Edelsberg als sehr schöne und leichte Höhenwanderung mit einem Panorama par excellence. Gut markierte Wege und rund 750 Höhenmeter liegen vor mir. Los geht's!

Aufstieg mit kleinem Wasserfall

Vom Parkplatz der Talstation folge ich den Schildern Richtung Edelsberg und schon bald tauche ich in den Bergwald ein. Ein plätscherndes Geräusch kündigt mein erstes Highlight an: der Wasserfallweg macht seinem Namen alle Ehre. Nach wenigen Minuten erreiche ich einen kleinen Wasserfall, dessen kalter Sprühnebel angenehm kühlt. Über hölzerne Stege und zahlreiche Stufen steige ich entlang der Kaskade steil hinauf. Der Pfad fordert etwas Kondition, doch jeder Schritt bringt mich höher ins morgendliche Lichtspiel aus Sonne und Schatten.

Auf halber Höhe treffe ich auf einen Wegweiser, der nach links zur Ruine Nesselburg zeigt. Diese mittelalterliche Burg aus dem 14. Jahrhundert liegt verborgen im Wald. Spontan mache ich einen kurzen Abstecher und schaue mir das alte Mauerwerk an. Nicht spektakulär, aber eine nette Abwechslung. Als ich meinen Weg fortsetze, lichtet sich ab und zu der Wald und gibt den Blick frei hinab nach Nesselwang: tief unten glitzern Wiesen und Dächer in der Sonne. Je höher ich steige, desto stiller wird es.

Schließlich öffnet sich der Wald komplett: Vor mir liegt das Sportheim Böck, die Bergstation der Alpspitzbahn auf etwa 1.450 Metern Höhe. Hier oben empfängt mich eine erste grandiose Aussicht auf die umliegenden Berge, ein ideales Plätzchen für eine kurze Verschnaufpause. Ich genieße einen Schluck Wasser, während mein Blick über die Gipfelkette der Tannheimer Berge schweift.

Das Panorama raubt mir den Atem

Hinter dem Sportheim Böck führt ein Pfad Richtung Edelsberg. Zunächst geht es relativ flach zu einem Sattel zwischen der niedrigeren Alpspitze und dem Edelsberg. Dann wartet der letzte Anstieg: In engen Serpentinen zieht sich der schmale Weg durch lichten Bergwald empor. Meine Vorfreude wächst mit jedem Schritt und irgendwann stehe ich vor dem hölzernen Gipfelkreuz des Edelsbergs. Geschafft!

Ich spüre den warmen Wind im Gesicht und lasse den Moment auf mich wirken. Es sind nur wenige Wanderer zu sehen und entsprechend ruhig ist es am Gipfel. Trotz einiger Bäume genießt man einen fantastischen Blick auf die Allgäuer Bergwelt. Eine Panoramatafel aus den 50er Jahren hilft mir, die Namen der Berggestalten ringsherum zu bestimmen. Ich entdecke markante Formationen: ganz im Osten die wuchtige Zugspitze und weiter südlich das Horn des Hochvogel. Tief unten glitzern malerische Seen im Tal. Einer davon ist der Grüntensee, ein dunkelblaues Oval im saftigen Grün des Voralpenlands. Mit etwas Fantasie erkenne ich am Horizont sogar das weiße Profil von Schloss Neuschwanstein.

Ich packe mein Proviant aus, das nach dem langen Aufstieg noch besser schmeckt. In der friedlichen Stille höre ich das entfernte Läuten von Kuhglocken, das von den Almen heraufklingt. Hier oben fühle ich mich der Natur ganz nah. Ist es nicht großartig, dass wir solche Aussichten erleben können?

Ein Abstecher zur Alpspitze

So schwer es fällt, irgendwann heißt es Abschied nehmen vom Gipfel. Für den Rückweg wähle ich nicht denselben Pfad, sondern plane eine kleine Rundtour: Zunächst steige ich zum Sattel zurück. Da die benachbarte Alpspitze quasi auf dem Weg liegt, gönne ich mir noch einen kurzen Abstecher. Keine 30 Minuten später stehe ich auch schon am Gipfelkreuz. Von hier oben öffnet sich der Blick nach Norden ins Allgäuer Voralpenland, ein schöner Kontrast zur hochalpinen Szenerie am Edelsberg. Unten im Tal kann ich nun den Grüntensee ausmachen und auch Nesselwang mit seinem markanten Kirchturm liegt malerisch unter mir.

Nach diesem zusätzlichen Gipfelglück mache ich mich endgültig an den Abstieg. Ein schmaler Steig führt über einen breiten Bergrücken hinab und verläuft zunächst nur sanft fallend über Almwiesen und durch lichten Wald. Links von mir scheint der Pfad direkt auf den glitzernden Grüntensee zuzulaufen. Ich erreiche eine Weggabelung und halte mich rechts Richtung Bayerstetten. Nun geht es zügig bergab durch ein dichteres Waldstück, bis schließlich die ersten Häuser auftauchen. Kurz darauf spaziere ich an der Sommerrodelbahn vorbei zurück zur Talstation.

Unten im Tal empfängt mich die Wärme und zufrieden lasse ich die Tour Revue passieren. Die Mischung aus stillen Waldpfaden, spritzigem Wasserfall, einer beeindruckenden Gipfelaussicht und abwechslungsreichem Rückweg hat diesen Tag zu etwas ganz Besonderem gemacht. Es ist eine Tour, die ich jedem Allgäu-Liebhaber nur ans Herz legen kann.