Winterruhe auf dem Asberg

Es ist ein Dezembermorgen, an dem der Atem sichtbar wird und die Welt unter einem feinen Schleier aus Frost ruht. Ich stehe am Rand des kleinen Ortes Limbach, wo der Wald beginnt – still, fast ehrfürchtig. Der Asberg, einer der höchsten Punkte im Westerwald, liegt vor mir. Keine spektakulären Gipfelkreuze, aber dafür verspricht er Natur pur, weite Blicke und die Stille, nach der ich mich in der Vorweihnachtszeit sehne.

Der erste Anstieg führt mich sanft durch Mischwald, in dem Buchen und Fichten sich die Szenerie teilen. Der Boden ist noch gefroren, meine Schritte knirschen leise. Keine Menschenseele weit und breit. Stattdessen begleitet mich das gelegentliche Klopfen eines Spechts und das Rascheln von Rehen im Unterholz.

Nebel, der Geschichten erzählt

Nach etwa einer halben Stunde beginnt sich der Nebel zu verdichten. Wie ein Schleier zieht er durch die Bäume, legt sich auf Äste und Moos. Ich halte inne. Die Welt wird stiller. Und schöner. Der Wald wirkt wie verzaubert, als hätte jemand die Lautstärke der Welt heruntergedreht.

Ich gehe weiter, vorbei an moosüberzogenen Steinen, gefrorenen Pfützen und Baumstümpfen, die aussehen, als hätten sie schon viele Winter gesehen. Der Pfad steigt sanft an, der Nebel bleibt mir treu. Und dann ein Lichtschimmer.

Über den Wolken des Westerwalds

Der Moment, in dem ich die Nebeldecke durchstoße, ist fast surreal. Über mir breitet sich ein strahlend blauer Himmel aus, unter mir liegt das Land wie in Watte gepackt. Ich bin über dem Dunst, über dem Alltag, über allem.

Der Asberg-Gipfel selbst ist unspektakulär, ein sanfter Höhenrücken ohne große Markierungen. Aber genau das macht seinen Reiz aus. Hier oben zählt nicht das Ziel, sondern der Weg, das Ankommen im Moment. Ich finde eine kleine Lichtung mit Blick Richtung Rhein, wo sich das Tal wie ein ferner Traum im Nebel verliert.

Ich setze mich auf einen umgestürzten Baumstamm, trinke einen Schluck heißen Tee aus der Thermosflasche und lasse die Stille wirken. Der Wind rauscht sanft durch die Baumkronen, ein Bussard zieht seine Kreise. Mehr braucht es nicht.

Mein sonniger Rückweg

Als ich mich später zum Abstieg aufmache, hat die Sonne an Kraft gewonnen. Der Frost auf den Zweigen beginnt zu schmelzen, Tropfen glitzern wie kleine Sterne. Ich wähle einen anderen Weg zurück: ein schmaler Pfad führt mich an einem alten Steinbruch vorbei, wo Flechten und winterhartes Gras den Fels bedecken.

Die Nachmittagssonne taucht den Wald in ein warmes, goldenes Licht. Jeder Schritt wird begleitet von dieser ganz besonderen Winterruhe, die ich so liebe: Die Geräusche sind gedämpft, die Farben sanft, die Gedanken klar.

Eine winterliche Schönheit

Die Wanderung auf den Asberg war für mich keine spektakuläre Tour im klassischen Sinne und genau das macht sie so besonders. Es ist eine Wanderung für alle, die die leisen Töne suchen. Für Menschen, die sich nach Weite und Einsamkeit sehnen, nach echten Momenten in der Natur.

Im Dezember zeigt sich der Westerwald von seiner stillsten Seite. Der Asberg ist dann kein Ziel für Gipfeljäger, sondern für Entdecker der kleinen Dinge. Für mich war es ein Tag voller Ruhe, Klarheit und dem Gefühl, wieder ein Stück näher bei mir selbst angekommen zu sein.